Ich habe heute zu viel Zeit in einem Raum mit Kisten verbracht, aus denen ich kiloschwere Stofftüten wie Sandsäcke gewuchtet und im Marktschreierinnen-Stil die Namen meiner Schüler:innen raus in den Flur gebrüllt habe. Die sind dann artig an die Tür herangetreten und haben die Tüten in Empfang genommen und sie in den zweiten Stock getragen. Dort haben sie die Tüten ausgepackt und anhand eines beiliegenden Zettels alle zwölfstelligen Barcodes kontrolliert, um sicher zu gehen, dass die Bücher auch alle an der richtigen Stelle gelandet sind. Am Ende des Schuljahres werden wir alle Bücher wieder einpacken, manche werden verschwunden sein, andere beschädigt. Meine Schüler:innen werden sagen „vallah, ich war das nicht“ und das Buch dann hinterher doch bezahlen müssen.
An diesen Start- und Endpunkten des Schuljahres überschwemmt mich jedes Mal eine riesige Welle der Fassungslosigkeit darüber, dass diese Kinder im Jahr 2021, statt eines Tablets, Büchertüten durch die Gegend schleppen und beschädigte Ecken dokumentieren.
Die Empörung über die einfach nicht anlaufende Digitalisierung der Schulen ist schon so alt und vermieft, wie die Schulbücher selbst. Trotzdem scheint sich nichts - außer hier und da eine exklusive Ipadklasse an einem Gymnasium - zu bewegen. Die Konsequenzen von diesem Versäumnis tragen unsere Kinder tagtäglich auf dem Rücken in die Schule und müssen am Ende des Schuljahres auch noch die Flecken bezahlen, die dabei entstanden sind.
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